Vor der Wende war Basketball im Osten Deutschlands kaum existent. Die Sportart galt in der DDR als nicht förderungswürdig. Umso überraschender ist, dass momentan Rostock, Chemnitz und der MBC aus Weißenfels in der Easycredit BBL für Furore sorgen und allesamt in der oberen Tabellenhälfte stehen – auf den Plätzen 6, 7 und 8. Dazu ist Jena Zweitliga-Tabellenführer und hat gute Chancen auf den Aufstieg.
Das Basketball-Hoch im Osten!
„Der Blick auf die Tabelle macht gerade großen Spaß“, sagt Chemnitz-Geschäftsführer Steffen Herhold. „Man sieht: Der Basketball funktioniert im Osten!“
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Seine Niners gehen voran, empfangen am Sonntag zum Topspiel Alba Berlin (16.30 Uhr/live bei Dyn und im Free-TV bei WELT TV).
Nach dem Aufstieg 2020 erreichten die Sachsen, deren Maskottchen eine Karl-Marx-Puppe ist, 2022 und 2023 das Viertelfinale, 2024 das Halbfinale. Zudem gewann der Klub 2024 den FIBA Europe Cup. „Wir entwickeln uns kontinuierlich weiter: sportlich, wirtschaftlich und strukturell“, sagt Herhold. „Wir wollen uns in der BBL perspektivisch in den Top 4 bis Top 6 festbeißen.“
Der Chemnitz-Etat stieg seit Herholds Dienstantritt 2016 von 870.000 auf sieben Millionen Euro, damit liegt man in der BBL auf Platz 8. Die Zahl der Sponsoren vergrößerte sich seit dem Aufstieg 2020 von 120 auf 220. „Wir haben ein großes Umfeld“, sagt Herhold. „In der Region gibt es sportartübergreifend keinen anderen Erstligisten. Sogar aus Leipzig und Dresden kommen Fans zu unseren Spielen.“
[–>In Weißenfels (Sachsen-Anhalt) beim Syntainics MBC hält die Euphorie über den sensationellen Pokalsieg an. Auch in der BBL ist der Verein mit dem niedrigsten Etat der Liga (3,9 Mio. Euro) als Achter auf Erfolgskurs. „Unser Minimalziel sind die Play-Ins, das heißt Platz 10, aber am liebsten wäre uns Platz 6 und die direkte Play-off-Qualifikation“, sagt Geschäftsführer Martin Geissler (41). „Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt auf unserem Weg weiterzuwachsen. Zumal wir dann nach 21 Jahren wieder in einem internationalen Wettbewerb spielen würden.“
Durch den Pokalsieg hat der MBC seinen Ruf aufpoliert, auch international. Geissler war vergangene Woche auf Scouting-Tour in Istanbul und wurde oft auf den Pokalsieg angesprochen: „Egal ob Agenten, Spieler oder andere Klubs – ich musste niemandem mehr erklären, wer wir sind und was wir erreicht haben. Ich glaube und hoffe, dass uns das im Sommer leichter macht, Spieler für uns zu begeistern.“
BBL: ProA: Rostock, Chemnitz, MBC, Jena: Das Basketball-Hoch im Osten!
Denn die Kehrseite des Pokalsiegs ist, dass die größeren Klubs die besten Spieler abwerben. Nur die Verträge von John Bryant (37) und Akeem Vargas (34) laufen weiter. „Wenn wir beispielsweise Michael Devoe in Weißenfels halten können, wäre das ein genauso großes Wunder wie unser Pokalsieg“, sagt Geissler. Auch Martin Breunig (33) und Spencer Reaves (29) werden umworben.
Nach einer schwierigen vergangenen Saison, wo man sich erst am letzten Spieltag vor dem Abstieg rettete, kämpfen die Rostock Seawolves als Sechster um die Play-offs. „Die direkte Qualifikation wäre der größte Erfolg unserer Geschichte“, sagt Sportvorstand Jens Hakanowitz (45).
Nach der verkorksten Vorsaison wurde Trainer Christian Held (36) entlassen. „Aber das wichtigste Learning war, einen Sportdirektor einzustellen“, sagt Hakanowitz. Die Wahl fiel auf Kévin Anstett (33/Frankreich). Hakanowitz: „Wir haben jetzt jemanden, der 24/7 Profi-Sport lebt und der verdrahtet ist wie kein anderer.“ Und so Spieler wie Top-Scorer Bryce Hamilton (24) an die Ostsee lotste.
„Es ist unser erklärtes Ziel, Basketball hier in der Region so groß wie möglich zu machen“, sagt Hakanowitz. Dabei orientiert sich Deutschlands größter Basketballverein (2500 Spielerpässe) an den Niners. Hakanowitz: „Chemnitz ist im Osten unser Vorzeige-Produkt. Sie sind zwei Jahre vor uns aufgestiegen, und wir gehen einen ähnlichen Weg.“
Zweitligist Science City Jena ist die vierte Kraft im Osten. Zweimal (2007/08 und 2016-19) spielte der Verein aus Thüringen schon in der BBL. Nun geht man als überlegener Hauptrunden-Erster in die ProA-Play-offs. Beide Finalisten haben am Ende das Aufstiegsrecht.
Vor der Saison holte Trainer Björn Harmsen (42) Profis mit BBL-Erfahrung wie den Ulmer Meister Robin Christen (34). Der Etat beträgt 3,3 Millionen Euro, muss aber beim Aufstieg laut BBL-Regularien auf vier Millionen steigen. „Wir sind 100 Prozent überzeugt, dass wir das hinbekommen“, sagt Prokurist Thomas Fleddermann (40).
Die Solidarität unter den Ost-Klubs ist groß. „Mit den Kollegen aus Rostock, Chemnitz und Weißenfels herrscht ein transparenter, stetiger Austausch auf vielen Ebenen – nicht nur im sportlichen Bereich, sondern auch in strukturellen Fragen“, betont Fleddermann. „Wir möchten gemeinsam im Osten etwas erreichen. Diese Art des kollegialen Miteinanders wird sicherlich nicht in jeder Sportart so kooperativ praktiziert.“
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