Weltmeister 1994 und 2002 sowie Weltfußballer 1996, 1997 und 2002: In seiner Karriere als Profi war Ronaldo (48) rund um die Jahrtausendwende das Maß aller Dinge als Stürmer. In seiner Karriere als Klub-Besitzer ist der Brasilianer aktuell ein abschreckendes Beispiel – zumindest, wenn es nach den Fans von Spanien-Erstligist Real Valladolid geht.
Den Traditionsklub kaufte Ronaldo im September 2018, zahlte 33 Mio. Euro für 51 Prozent der Anteile und erhöhte seinen Besitz seitdem sogar auf 82,7 Prozent. Sechseinhalb Jahre später heißt es auf Plakaten im Stadion regelmäßig „Ronaldo, hau ab!“. Als eins davon zuletzt auch noch aus Versehen auf der Leinwand gezeigt wurde, jubelten die anderen Fans über die Schmähungen ihres Eigentümers. Kein Wunder, denn der Verein aus der 300 000-Einwohner Stadt im Niemandsland nordwestlich von Madrid steht als abgeschlagener Letzter kurz vor dem dritten Abstieg seit 2018 – und der Perspektivlosigkeit. Für den Niedergang wird Ronaldo verantwortlich gemacht.
[–>Bei seiner Ankunft im September 2018 versprach der Ex-Angreifer noch: „Vertraut uns, wir etablieren Valladolid in der ersten Liga.“ Dazu gab es eine Fünf-Jahres-Idee für die Champions League. Der knapp 100 Jahre alte Verein und seine Fans verbanden viel Hoffnung mit Ronaldo. Doch sportlich tritt man auf der Stelle, stieg als Fahrstuhlmannschaft seitdem zweimal ab und zweimal auf. Der Kader wurde in der Zeit eher schlechter als besser, die verhaltene Transferpolitik sorgte für Kritik. Als Grund gab Ronaldo Schulden an (25 Mio. bei seiner Ankunft). Dagegen stehen seitdem allerdings 80 Mio. Euro an Transfer-Einnahmen.
Diese Saison ist ein neuer Tiefpunkt. Von Anfang Januar bis Anfang April gab‘s keinen Sieg, dafür schon vier Trainer und Klatschen u.a. in Barcelona (0:7), in Bilbao (1:7) oder gegen Atlético (0:5) sowie ein Pokal-Aus bei Drittligist Ourense. Nach dem 0:4 zuletzt gegen Keller-Konkurrent Getafe gerieten Verteidiger Luis Pérez (30) und Stürmer Juanmi Latasa (24) in die Schlagzeilen, weil sie sich auf der Ersatzbank fast prügelten. Auch die Bundesliga-Winterleihen Adam Aznou (18/Bayern) und Florian Grillitsch (29/Hoffenheim) können nicht helfen.
Das Verhältnis zwischen Ronaldo und den Fans wurde ab 2022 eiskalt. Da entschied der Klub ohne Rücksprache mit den Anhängern den Wechsel zu einem modernisierten Klubwappen. Es folgte ein Riesen-Aufschrei. Zwischen die Fan-Gruppen trieb Ronaldo in der Folge mit einigen Aussagen auch noch einen Keil. Ein Jahr später wurde der Wappen-Wechsel rückgängig gemacht. Und der Ex-Torjäger, der zeitweise in Valladolid wohnte, wurde wie in seiner aktiven Karriere zu „El Fenomeno“ (auf Deutsch: das Phänomen). Er kam aus Angst vor Kritik immer seltener in die Stadt. Als er vergangenen Herbst statt beim Abstiegsgipfel gegen Getafe lieber bei einem Benefiz-Tennisturnier war, verspotteten ihn die Fans (mehr als 24 000 Dauerkarten-Inhaber plus Warteliste) kurz darauf mit einer Tennis-Protest-Choreo.
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Was zudem sauer aufstieß: 2021 kaufte Ronaldo mit Brasilien-Klub Cruzeiro Belo Horizonte einen weiteren Verein, führte ihn zurück in die erste Liga und verkaufte ihn Ende April wieder. Dazu gibt es regelmäßig Streit um die von Ronaldo eingesetzten Bosse, Deals mit Kommunikations-Agenturen oder die Frauen- und Basketball-Abteilungen, die inzwischen den Verein verließen.
Für den größten Zoff sorgt das Estadio José Zorrilla (27 618 Plätze). Das wollte Ronaldo umfangreich renovieren und am liebsten sogar kaufen – vergeblich. Bis auf kleinere Änderungen, wie den inzwischen überbauten Graben zwischen Tribüne und Feld, ist das Stadion seit dem Bau zur WM 1982 (!) nicht modernisiert worden. Gleiches gilt für die Zuwegungen und Parkplätze, auf denen der Asphalt aufplatzt. Auch die Trainingsanlagen wurden bisher nicht ausreichend aufgewertet. Wegen beidem liegt Ronaldo im Clinch mit der Stadt-Regierung, sogar die Stadion-Sperrung droht. Die Zukunft der Arena war sogar Wahlkampf-Thema.
Für den Frieden im Klub wäre ein Aus von Ronaldo inzwischen das Beste. Der Bürgermeister wurde beauftragt, einen Käufer zu finden. Ein 29-Mio.-Angebot eines lokalen Unternehmers für 66 Prozent der Anteile lehnte Ronaldo ab: „Ich habe einige Angebote erhalten, die nicht dem entsprechen, was der Klub wert ist“, sagte er und will wohl mindestens die einst investierten 30 Mio. Euro sehen. Die Sorge vieler Beobachter: Der heruntergewirtschaftete Verein hat inzwischen zu viel Substanz verloren und statt des dritten Wiederaufstiegs drohe eher der Absturz Richtung 3. Liga.
Und Ronaldo? Der hat schon andere Pläne und kümmert sich um seine Funktionärskarriere. Nach einem gescheiterten Versuch, Präsident des brasilianischen Fußballverbands zu werden, schielt er jetzt auf einen prominenten Posten beim südamerikanischen Kontinental-Verband Conmebol.
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