„Meine Bayern“ heißt die Kolumne von SPORT BILD-Reporter-Legende Raimund Hinko, die sich mit dem deutschen Rekordmeister befasst. Hinko begleitet den FC Bayern seit Jahrzehnten.
Liebe Meister-Träne,
über welche Wange willst Du diesmal fließen? Natürlich über ein Bayern-Gesicht wirst Du sagen. Wirklich?
Es ist erst zwei Jahre her, dass Dortmund am letzten Spieltag gegen Mainz nicht gewinnen konnte, dass in Köln in der 87. Minute Jamal Musiala, gerade eingewechselt, ein Millimeter kleines Loch erspähte und mit seiner ersten Ballberührung den Ball zum 2:1 ins Tor schnitt. Die elfte Meisterschaft hintereinander war perfekt. Nicht nur bei Musiala flossen Tränen.
So spannend soll es diesmal nicht werden. Nicht nur die Bayern-Fans rechnen damit, dass die Münchner am Samstag in Leipzig alles klarmachen und sich am 32. Spieltag ihre 34. Deutsche Meisterschaft holen.
Nur: Wer wird der Schütze? Wer ballert die Schale zurück nach München?
Musiala kommt mit seiner Muskelverletzung diesmal – wie schade – nicht in Frage. Ich hab da einen anderen Favoriten. Den so oft gescholtenen Leroy Sané.
Klar, es gibt an seinem Spiel immer wieder was zu meckern. Doch in den letzten Wochen zeigte nicht nur seine Formkurve konstant nach oben. Er wirkte torgefährlicher, entschlossener. Und dann entdeckte ich bei der Video-Analyse, dass Sané auf dem Weg zum 1:0 gegen Mainz nicht nur ein paar Gegner tunnelte, sondern mit Serge Gnabry auch einen eigenen Mann. Gnabry schaute ziemlich irritiert, sowas war ihm wohl noch nie passiert.
Leroy Sané (29) jubelt gegen Augsburg
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Es ist doch eine verlockende Aufgabe, es in Leipzig wieder zu versuchen. Und überhaupt gibt es da so einige Kandidaten, denen man das Siegtor, bzw. eine Freudenträne gönnen würde. Thomas Müller zum Beispiel in seinem vorletzten Bundesligaspiel, dem 501. für die Bayern. Da er den gelbgesperrten Harry Kane vertreten muss, steht er besonders in der Verantwortung. Auch Michael Oliseh ist ein Kandidat für das Meistertor. Immer öfter spielt er den Gegnern mit seinen Stangerllhaxn (bayerisch für dürre Unter- und Oberschenkel) Knoten in die Beine. Und macht keine große Show daraus. Ein Supertransfer, dieser Linksfuß, der von rechts kommt, wie einst Arjen Robben. Und mit – natürlich – links vollendet.
[–>Durchaus kann man sich auch Josip Stanisic als Meisterschützen vorstellen. Der Bayern-Nachwuchsspieler, ein Jahr an Bayer ausgeliehen, wird nach seiner Rückkehr in München immer selbstbewusster. Er weiß, wie man eine Schale stemmt. Stanisic als Schütze des entscheidenden Tores – da würde er sich schließen, der Kreis. Wer immer es auch wird (nein, „wird“ – nicht wirtz). Für Freudentränen ist immer ein Platz reserviert. Niemand wird den Schützen als „Heulsuse“ verspotten.
Abrechnung mit Rüdiger: „So einer hat auf dem Fußballplatz nichts verloren!“
Übrigens: Falls Müller trifft, sollten ihm die Bayern für die neue Saison eine Jahreskarte ausstellen. Damit er nicht jedesmal um ein Ticket betteln muss, wenn er als Zuschauer in die Allianz-Arena kommt.
Und noch ein Wort an Harry Kane: Auch, wenn die Bayern Meister werden ohne Dich – Du darfst ruhig stolz sein drauf. Weil Du mit Abstand der beste Schütze warst. Nie großkotzig. Immer ein Vorbild. Einer mit mehr „Mia san mia“ als die meisten Bayern. Auch das ist ein Tränchen wert.
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