„Meine Bayern“ heißt die Kolumne von SPORT BILD-Reporter-Legende Raimund Hinko, die sich mit dem deutschen Rekordmeister befasst. Hinko begleitet den FC Bayern seit Jahrzehnten.
Lieber Leroy Sané,
die Rechnung ist so einfach, wenn Du bei Bayern bleiben willst. Sie ging bei Joshua Kimmich auf. Mit deutlicher Leistungssteigerung erkämpfte er sich einen neuen Vertrag bis 2029. Und sie geht gerade bei Leon Goretzka auf, der die Rückkehr in die Stammelf und sogar in die Nationalelf schaffte. Und was wird jetzt aus Dir, der München so fest ins Herz geschlossen hat?
Um ehrlich zu sein: Ich hätte Dich am liebsten auf den Mond geschossen, wenn ich Dich in dieser Saison wieder hilflos herumflattern sah auf den Flügeln des FC Bayern. Ob mit Deinem rechten oder dem starken linken Fuß – das alles hatte nichts zu tun mit einem Spieler Deiner Gehalts- und Leistungs-Klasse. Bis die 53. Minute gegen St. Pauli schlug.
[–>Ja, da brauchen wir gar nicht drum herumreden: Dieser coole Präzisions-Schuss zum 2:1 und 18 Minuten später dieser genauso kaltblütige Treffer zum 3:1 zeigt genau an, wie Deine Zukunft aussehen kann. Nein, nicht einfach den Vertrag verlängern, sondern an Bedingungen knüpfen. Ich schlage mal schlicht und einfach vor: In den restlichen sieben Bundesliga-Spielen darfst Du – Voraussetzung Du bist gesund – siebenmal auflaufen. Und Du musst sieben Tore schießen. Nein, nicht vier gegen Hoffenheim und drei gegen Heidenheim. In jedem Spiel ein Tor. Das könnte unterm Strich zur Meisterschaft reichen. Da würde ich Dir auch einen Vertrag ohne große Kürzungen vorlegen. Meinetwegen für zwei, drei Jahre. Einverstanden lieber Leroy Sané? Bist ja doch auch schon 29 Jahre – ganz schön üppig für ein ewiges Talent.
Der Kimmich hat es leichter, wirst Du denken, weil er von der 6er-Position aus fast jeden Ball bekommt. Auf den Flügel bin ich viel abhängiger von den anderen. Ja und Nein. Flügelstürmer werden viel schneller zu Publikumslieblingen, wenn sie sich Dribblings zutrauen, wenn sie flanken wie Götter. Also mal los.
Das Restprogramm der Bayern hat es nämlich in sich. Nicht nur gegen Dortmund und in Leipzig. Wenn man die Dinge nicht schönredet und nicht in Selbstmitleid zerfließt ob der vielen Verletzten in der Abwehr – die Bayern sind schon am Freitag in Augsburg nur Außenseiter. Jawohl, elf Spiele ohne Niederlage ist der FCA. Auch Mainz und Gladbach werden zu Spitzenspielen.
Kennen Sie dieses Video?: Diese Müller-Ansage fällt Eberl jetzt auf die Füße
Ich habe bisher mehr Komplimente verteilt als Kritik geübt, was die unaufgeregte Arbeit von Trainer Vincent Kompany angeht. Doch dass er gegen Bochum eine B-Elf auflaufen ließ und mit 2:3 bestraft wurde, das habe ich ihm bis heute nicht verziehen. Dass er gegen St. Pauli am Ende Thomas Müller und Josip Stanisic noch einwechselte – fünf Mann insgesamt – das spricht zwar für das gute Herz von Kompany. Doch es hätte auch ins Auge gehen können, weil Bayern sich die letzten fünf Minuten nach Ritzkas Anschlusstreffer zum 3:2 und Itos erneutem Mittelfußknochenbruch mit zehn Mann durchzittern mussten.
Jetzt muss ich noch einen wunden Punkt ansprechen, auch wenn es mir sehr schwerfällt, weil er Torwart Jonas Urbig betrifft, der momentan Manuel Neuer (39) vertritt. Immer noch Neuer, dessen Muskelfaserriss doch viel tiefer im Unterschenkel zu wüten scheint, als diagnostiziert. Urbig ist Zweifelslos ein großes Talent und genau der richtige Transfer (kam im Winter vom 1. FC Köln). Doch vielleicht fühlen sich die Gegner, wenn sie das junge Gesicht des 21-Jährigen im Bayern-Tor sehen, ermutigt, aus allen Lagen zu schießen. Das kostete die Bayern zwei Punkte bei Union Berlin und jetzt bange Minuten gegen St. Pauli.
Ich bin kein Fan des 36 Jahre alten Sven Ulreich. Doch seine Erfahrung könnte jetzt nützlich sein, gerade in den Champions-League-Viertelfinalspielen gegen Inter Mailand. Es geht gar nicht um den besseren oder weniger guten Torwart. Es geht darum, dass die von Verletzungen sowieso schon verunsicherten Abwehrspieler frei aufspielen. Dass keine Restzweifel übrig bleiben, wenn sie den Ball in riskanten Positionen nach hinten spielen. Oder bei Standards nach vorne zum Kopfball stürmen.
Falls Neuer ausfällt oder mit einem vorschnellen Einsatz kein Risiko eingeht, ginge meine Tendenz zu Sven Ulreich. Sorry, Jonas Urbig. Deine Zeit kommt so oder so.
Oder Du, lieber Leroy Sané stürmst nach hinten, um zu grätschen, zu fighten, den Ball in höchster Not von der Linie zu kratzen. Auch das ist hilfreich, um auch 2026 ein Münchner zu sein.
This news was originally published on this post .
Be the first to leave a comment