Formel-1-Pilot George Russell (27) spricht im Interview über sein Verhältnis zu Max Verstappen, die WhatsApp-Gruppe der Fahrer und seine eigene Zukunft.
SPORT BILD: Herr Russell, Sie waren letzte Woche bei einem der besten Tennisspiele aller Zeiten – Alcaraz gegen Sinner im Finale der French Open …
George Russell: Oh ja, das war großartig. Und im Endspiel war auch klar, für wen ich bin, nämlich für Sinner. Als er im Halbfinale gegen Djokovic gespielt hat, war das schwieriger. Weil ich mit beiden befreundet bin. Meine Freundin ist Spanierin, deshalb hat sie im Finale Alcarez angefeuert. In dem Spiel hat mich wirklich jeder Punkt mitgerissen. Ich habe großen Respekt vor den Jungs. Ich schaue mir einfach unheimlich gerne Spitzensport an. Weil ich dabei immer etwas lerne. Jannik bewundere ich für seine Arbeitsmoral und sein Engagement. Seine Niederlage war am Ende schwer zu verdauen. Aber ich bin sicher, er lernt etwas daraus.
Wer ist Ihr Lieblingssportler?
Cristiano Ronaldo. Ich habe als Kind die Spiele von Manchester United verfolgt. Auch heute ist er in seinem Alter immer noch ein Vorbild.
[–>Er ist 40 Jahre alt. Sehen Sie sich so lange in Ihrem Sport?
Ich will gewinnen. Und gebe alles dafür. Ich glaube nicht, dass ich bisher überhaupt die Chance hatte, um die Weltmeisterschaft zu kämpfen. Ich habe das Gefühl, dass ich noch lange nicht alles erreicht habe, was ich mir in meiner Karriere wünsche. Ich werde weitermachen, bis ich die Weltmeisterschaft gewonnen habe.
Ihr Vertrag bei Mercedes läuft Ende der Saison aus. Gibt es Neuigkeiten?
Nein. Das lasse ich aber gar nicht an mich ran. Weil Verträge oft überbewertet werden. Es ist doch so – wenn man Leistung bringt, ist man in einer guten Position. Und wenn nicht, dann nicht. So läuft es nun mal.
Sprechen Sie denn aktuell mit Mercedes über eine Verlängerung?
Aktuell ist dafür nicht der richtige Zeitpunkt. Solche Verhandlungen würden mir Zeit und Energie rauben. Und wir haben im Moment wichtigere Dinge, um die wir uns kümmern müssen. Nämlich die Frage, wie wir das Auto schneller machen können.
Russell in seinem Mercedes
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Anders gefragt: Wo sehen Sie sich nächste Saison?
Ich weiß, dass ich im nächsten Jahr Formel 1 fahren werde. Mein Ziel ist es, mit Mercedes Weltmeister zu werden. Und ich bin mir sicher, dass auch Toto Wolff gerne mit mir Weltmeister werden würde.
Was ist denn noch drin in dieser Saison?
In den ersten Rennen haben wir wirklich gute Arbeit geleistet, die letzten drei waren dagegen ziemlich hart. Wir wollen auf jeden Fall versuchen, noch ein paar Rennen zu gewinnen. Wir wollen so oft wie möglich auf dem Podium stehen und kämpfen realistischerweise um Platz 2 in der Konstrukteurswertung. In der Fahrerwertung will ich in die Top 3. Aber Max und Red Bull waren in den letzten Rennen näher dran an McLaren als an uns. Da muss ich realistisch bleiben.
Max Verstappen ist ein gutes Stichwort. Der fuhr Ihnen beim letzten Rennen in Barcelona absichtlich ins Auto. Auf Ihre Kritik darauf sagte er, dass er Ihnen beim nächsten Mal Taschentücher mitbringen will. Wie schwer ist es Ihnen gefallen, da nicht zurückzufeuern?
Überhaupt nicht. Ich fand seinen Kommentar urkomisch, der hat mich wirklich amüsiert. Generell stört mich in diesem Jahr wenig von Max, auch seine Mätzchen nicht. Am Ende war es sein Problem letzte Woche. Er hat dadurch verloren, ich etwas gewonnen. Ich sollte ihm dankbar sein.
George Russell: „Ich respektiere die anderen Fahrer, würde aber nicht mit ihnen in den Urlaub fahren“
Wie ist das Verhältnis zu ihm?
Aus der Nummer wurde sehr viel gemacht. Ich habe ihn unter der Woche gesehen, da hatte ich tatsächlich vergessen, dass wir letzte Woche zusammengestoßen bin. Wir haben uns am Flughafen getroffen, als er gerade dabei war, seinen Kinderwagen zusammenzuklappen, um den durch den Scanner zu schicken. Er war mit seinem einmonatigen Baby unterwegs. Da gab es interessantere Themen als einen Unfall. Wir sind jetzt nicht die besten Freunde, aber wir respektieren uns.
Können Sie sich Max Verstappen bei Mercedes vorstellen?
Ich wüsste nicht, warum nicht. Letztendlich ziehen die Top-Teams immer die Top-Fahrer an. Das war schon immer so. Aber wer weiß? Die Fahrer sind derzeit alle sehr loyal zu ihren Teams, denen sie schon so lange treu sind. Aber wer weiß, ob Leclerc für immer Ferrari verpflichtet ist oder Norris und Piastri für immer McLaren. Vor sechs Jahren hätte man Lewis bei Ferrari wahrscheinlich nicht vorhergesehen. Dinge ändern sich.
Wird ein Crash wie Ihrer mit Verstappen in der WhatsApp-Gruppe der Fahrer thematisiert?
Nein, darüber reden wir nicht. So was passiert im Motorsport, das muss nicht besprochen werden.
Das gab’s noch nie: Schiri-Revolution bei der Klub-WM!
Um welche Themen dreht es sich sonst? Sagt da mal ein Fahrer ‚Hey, nur damit Ihr Bescheid wisst – ich habe eine neue Freundin, die bringe ich zum nächsten Rennen mit‘?
(lacht) Wenn es so wäre, würden wir von einigen Fahrern ständig Nachrichten bekommen. Ehrlicherweise ist die Gruppe nicht so aktiv wie alle denken. Lewis hat in letzter Zeit angefangen, Memes zu senden. Das hat mich überrascht. Ansonsten geht es meist um Themen, die in der Fahrerbesprechung aufkamen und zu denen noch Klärungsbedarf besteht. Wie die zwei Boxenstopps in Monaco. Im Endeffekt passiert in der Gruppe jede Woche etwas, aber es ist jetzt keiner dieser Gruppenchats, in denen ständig lustige Bildchen geteilt werden.
Haben Sie echte Freunde im Formel-1-Zirkus?
Ja. Die Formel 1 ist seit sieben Jahren mein Leben. Der Motorsport ist seit meiner Kindheit mein Leben. Da entstehen definitiv Freundschaften und Bindungen. Zum Beispiel mit meinem Fitnesstrainer Aleix, mit dem ich jetzt seit acht Jahren zusammen arbeite. Er ist für mich wie eine Familie. Dasselbe gilt für Toto. Wir haben schon lange ein enges Verhältnis. Und jetzt sind wir in Monaco quasi Nachbarn. Wir sehen uns fast jeden Tag, wenn wir zu Hause sind. Er ist auch so was wie Familie.
Und unter den Fahrern?
Wir respektieren uns. Alex und ich haben eine enge Beziehung, weil wir ein Jahr zusammengewohnt haben. Wie gehen freundlich miteinander um, aber wir würden wahrscheinlich nicht zusammen in den Urlaub fahren.
Russell mit Freundin Carmen bei den French Open in Paris
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Wie schalten Sie nach einem Rennen ab?
Früher bin ich tauchen gegangen. Da muss man sich voll und ganz auf den Moment konzentrieren, hat keine Zeit, an etwas anderes zu denken. Und das war toll, weil ich nach den Rennen immer so emotional bin. Egal, ob es gut oder schlecht lief, am Montag hat man immer einen emotionalen Kater. Man muss eine Strategie finden, sich davon zu erholen. Aktuell schalte ich mit Padeltennis ab.
Spielen Sie da mit Freunden oder Ihren Rennfahrer-Kollegen?
Sowohl als auch. Der Vorteil an den anderen Rennfahrern ist, dass wir alle den gleichen Zeitplan haben. Dazu wohnen wir auch fast alle am gleichen Ort.
Können Sie noch vor die Tür gehen, ohne einen Rummel auszulösen?
Die Formel 1 boomt gerade. Und man muss anerkennen, die nach Fotos oder Autogrammen fragen, den Sport aktuell zu dem machen, was er ist. Es liegt aber natürlich an einem selbst, ob man die Freizeit lieber in der Stadt verbringt oder in den Sommerferien die Aufmerksamkeit in Nachtclubs auf Ibiza auf sich zieht oder ob man sich einen ruhigen Ort abseits vom Lärm sucht. Ich bin gerne abseits vom Lärm. Denn jede Zeit, die ich für mich habe, ist wertvoll. Und mir ist es wichtig, Zeit mit meiner Familie, meinen Freunden und mit Carmen zu verbringen. Viel wichtiger als zusätzliche Aufmerksamkeit.
SPORT BILD hat Russell vier von der KI generierte Fotos vorgelegt, die mögliche Karrieren nach der Karriere zeigen. Lesen Sie hier, wie er reagierte
„007? Oh ja, das kann ich mir vorstellen. Und sie suchen ja häufig nach neuen Darstellern.“
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„Premierminister? Vor dieser Tür gibt es ein Foto von mir aus dem Jahr 2014. Aber da muss ich ehrlich sein – für den Posten bin ich nicht smart genug“
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„Teamchef Mercedes? Warum denn nicht? Irgendwie könnte das passen“
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„Imker? Das erinnert mich an David Beckham! Er hat auch Bienenstöcke. Aber das kann ich mir vorstellen. Irgendwann will ich mal einen kleinen Bauernhof haben, auf den ich mich zurückziehen kann“
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