Dyn-Experte Heiko Schaffartzik zieht eine Bilanz der abgelaufenen Spielzeit in der Easycredit Basketball-Bundesliga und erklärt, wie Basketball noch populärer werden kann.
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SPORT BILD: Herr Schaffartzik, welche Schulnote würden Sie Bayern-Coach Gordon Herbert für diese Saison geben?
Heiko Schaffartzik (41): Also, ein Lehrer bin ich nicht. Die Bayern waren im Top Four, haben in der Euroleague die deutsche Fahne sehr hochgehalten, sensationelle Spiele gemacht und sind in den Play-Ins an Real Madrid gescheitert. Sie hätten sich fast direkt für die Play-offs qualifiziert, ein Sieg hat dazu gefehlt. Und dann sind sie natürlich Deutscher Meister geworden. Es war also eine ziemlich gute Saison für die Bayern. Die Verpflichtung von Gordon Herbert hat sich auf jeden Fall gelohnt.
War das Finale gegen Ulm enger als erwartet?
Ulm ist eine sehr starke Mannschaft, das ist dort alles über eine lange Zeit gewachsen. Ich habe immer das Gefühl, dass alle erwarten, dass Bayern die Gegner mit 3:0 schlägt. Das ist aber nicht die Realität. Andere Teams spielen in der Bundesliga auch auf einem sehr hohen Niveau.
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Wie wird Bayern ohne die namhaften Abgänge wie Carsen Edwards, Devin Booker und Nick Weiler-Babb klarkommen?
Es gibt in der Bundesliga noch eine hohe Fluktuation von Spielern mit kurzen Verträgen. Die Bayern werden das wieder auffangen. Aber eine Euroleague-Prognose wage ich jetzt noch nicht, weil die Teams ja auch noch nicht stehen.
Marko Pešić hat seinen Abgang angekündigt …
Er hat Basketball in München aufgebaut. Allein das, was er da an Infrastruktur geschaffen hat, ist ziemlich beeindruckend. Die sportlichen Erfolge sprechen für sich. Und so, wie Marko arbeitet, stellt er die Weichen für die, die nach ihm kommen. Das scheint ihm ein großes Anliegen zu sein. Deshalb ja auch sein Wechsel zum Jahresende, nicht im Sommer.
Heiko Schaffartzik ist seit einem Jahr Basketball-Experte bei Dyn. In seiner Karriere spielte er u. a. für Alba (Meister 2003) und Bayern (Meister 2014)
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Ist Alba Berlin noch immer die Nummer zwei hinter den Bayern?
Sie hatten schon öfter solche Umbrüche wie jetzt. Wenn Alba eine Sache bewiesen hat, dann, dass sie immer Erfolg haben, immer wieder. Deswegen mache ich mir keine Sorgen um Alba Berlin. Ulm kommt natürlich, sie haben eine tolle Infrastruktur aufgebaut, Thorsten Leibenath macht da einen exzellenten Job. Mit Isaiah Hartenstein haben sie einen Investor aus der großen Basketball-Welt dazubekommen. Alba Berlin kommt wieder auf die Füße. Man darf nicht vergessen: Sie waren 2024 im Finale, haben Bayern lange Zeit Paroli geboten. Davor war Alba dreimal in Folge Meister. Wenn man sich die letzten fünf Jahre anschaut, hat Alba die beste Bilanz der Topklubs. Ulm macht einen tollen Job, ohne Frage. Aber Alba macht das schon seit Jahrzehnten.
Die Alba-Spieler Gabriele Procida, Malte Delow, Ziga Samar und Yanni Wetzell (v.l.) sind enttäuscht. Im Viertelfinale kam das Aus gegen Ulm (0:3)
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Ist Albas Rückzug aus der Euroleague verständlich?
Es gibt ja schon seit Längerem eine Art von Konkurrenzkampf zwischen der Fiba und der Euroleague. Für die Champions League ist Alba Gold wert. Es war sicher nicht ganz einfach, in der Euroleague zu spielen und viel zu verlieren. Das nimmt man ja als Mannschaft auch mit in die nächsten Spiele, in die Bundesliga. Das zehrt physisch, emotional und psychisch.
Gibt es genug Typen in der BBL?
Ich glaube generell, dass Basketball nicht so groß ist, wie es sein könnte, weil die Stars fehlen. Andreas Obst ist ein Star, und die Leute kennen ihn. Aber es gibt relativ wenige Spieler, die außerhalb der Basketball-Bubble bekannt sind. Zum Vergleich: Menschen, die keinen Fußball gucken, wissen trotzdem, wer Thomas Müller oder Joshua Kimmich ist. Aber im deutschen Basketball ist das nur bei den Wagner-Brüdern und Dennis Schröder gegeben. Und vielleicht bei Isaiah Hartenstein, also bei NBA-Spielern.
[–>Was kann man tun?
Wenn man es schaffen könnte, mehrere Spieler aufzubauen, hätte man größere Chancen, Basketball bekannt zu machen. Ich habe noch niemanden getroffen, der zu einem Spiel gegangen ist und danach gesagt hat: „So ein blödes Spiel, da geh ich nie wieder hin.“ Der Sport ist faszinierend und hat etwas, was viele andere Sportarten nicht haben. Das richtig herauszukristallisieren, das ist für uns in Deutschland die Aufgabe.
Isaiah Hartenstein hat für die EM abgesagt. Enttäuscht Sie das?
Er spielt sehr beeindruckend, ist einer der besten Center in der NBA. Natürlich wäre es toll, wenn er dabei wäre. Wir sind allerdings auch ohne Isaiah Hartenstein Weltmeister geworden. Er will jetzt die Kräfte sammeln, sich mental und emotional auf die nächste Saison vorbereiten. Trotzdem ist Deutschland einer der Favoriten.
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