Er spielte für Schalke und Wolfsburg in der Bundesliga, wechselte 2017 für 36 Millionen Euro zu PSG, kickt seit 2023 in Katar, hat seinen Vertrag bei Al-Ahli SC gerade bis 2028 verlängert.
Im großen Interview mit BILD am SONNTAG blickt Julian Draxler (31) auf seine Karriere zurück, erklärt, warum ein Comeback bei Schalke einst ein Thema war – und wie wahrscheinlich eine Rückkehr jetzt ist.
BILD am Sonntag: Hinter ihrem Ex-Verein Schalke liegt die schlechteste Saison der Vereinsgeschichte. Wie haben Sie das erlebt?
Julian Draxler: Schalke verfolge ich aus der Ferne als Fan. Ich hoffe, dass es dieses Jahr wieder besser wird. Mit Frank Baumann haben sie einen sehr fähigen Mann geholt. Hoffentlich kann er das Schiff wieder in die richtige Richtung lenken. Aber ich erwarte noch keine Wunderdinge wie den Aufstieg.
Können Sie sich vorstellen, noch einmal für Schalke zu spielen?
Das ist schwer zu sagen. Vor meinem Wechsel nach Katar habe ich tatsächlich intensiv hin- und herüberlegt, ob das irgendwie klappen könnte. Damals hatte ich nur noch ein Jahr Vertrag in Paris und hatte überlegt, ob ein ablösefreier Wechsel möglich sein könnte.
Turbo-Start & Chancen-Wucher: HIER das Diaz-Debüt im Video sehen
Gab es Kontakt mit der Schalke-Seite?
Nein, es gab keinen direkten Kontakt zu Schalke. Das waren eher meine eigenen Gedanken. Jetzt ist die Situation anders. Nach meinem Drei-Jahres-Vertrag in Katar bin ich dann fast 35 Jahre alt. Ob ich da noch Schalke weiterhelfen kann, ist jetzt schwer zu beurteilen – das ist mir zu weit weg.
Wie oft blicken Sie auf Ihre Karriere zurück und fragen sich, was noch möglich gewesen wäre?
Wenn ich heute auf meine bisherige Karriere zurückblicke, überwiegt zunächst einmal Stolz. Ich kann erhobenen Hauptes in den Spiegel schauen und sagen, dass ich bisher eine geile Karriere habe. Aber natürlich wäre vielleicht noch mehr drin gewesen, wenn man vereinzelte sportliche Entscheidungen anders getroffen hätte. Darüber denke ich manchmal nach.
Meinen Sie damit den Wechsel von Schalke nach Wolfsburg?
Nicht unbedingt. Vielleicht hätte ich Schalke früher verlassen müssen, vielleicht hätte ich statt Paris einen anderen Verein wählen und damals den Schritt nach England machen sollen, vielleicht hätte ich PSG wieder früher verlassen müssen. Das sind aber alles Spekulationen, wer weiß, ob es wirklich besser geworden wäre. Ich bereue keine Entscheidung, weil ich immer eine schöne Zeit hatte. Am Ende bin ich durchweg zufrieden.
Julian Draxler bestritt am 15. Januar 2011 als damals 17-Jähriger sein Profidebüt für Schalke. Am 31. August 2015 wechselte er für 43 Millionen Euro zum VfL Wolfsburg
<!–>
Ihren Vertrag in Katar haben Sie Anfang des Jahres bis 2028 verlängert. Warum?
Bevor ich den Schritt von Paris nach Katar gewagt habe, hatte ich durchaus einige Bedenken. Jetzt habe ich aber den Spaß am Fußball wiedergefunden, bin verletzungsfrei. Zudem habe ich das Gefühl, gebraucht und respektiert zu werden. Mittlerweile bin ich Familienvater, meine Familie fühlt sich in Katar sehr wohl, ich werde dort nicht auf der Straße erkannt und wir können ein normales Leben führen – das hatte ich zuletzt mit 16 oder 17.
War die Entscheidung schnell klar?
Ja. Ich bin in einem Alter, in dem ich mir die Vereine nicht mehr unbedingt aussuchen kann. Ich muss auch an die weiteren Jahre in der Karriere denken, und natürlich war es auch finanziell eine sehr gute Option. Jetzt will ich meinem Verein und der Liga helfen, weiter zu wachsen.
Bei der Verlängerung wurde verkündet, dass Sie Markenbotschafter für al-Ahli SC werden sollen.
Das wurde etwas überspitzt dargestellt. Ich habe einen ganz normalen Vertrag und bin kein expliziter Botschafter. Damit war eher gemeint, dass ich in der medialen Darstellung eines der Aushängeschilder der Liga bin, und das bin ich auch gerne.
Wie zufrieden sind Sie mit der vergangenen Saison in Katar?
Ich bin sehr zufrieden. In meinem ersten Jahr hatte ich Schwierigkeiten mit Verletzungen. Letztes Jahr hatten wir die erfolgreichste Saison seit 30 Jahren, das war für uns ein super Erfolg. Ich bin verletzungsfrei durch die Saison gekommen, habe viele Scorer gemacht und gut gespielt.
Mit welcher deutschen Liga würden Sie das sportliche Niveau in Katar vergleichen?
Diese Frage stelle ich mir öfter. In meiner Karriere habe ich nur auf sehr hohem Niveau gespielt. Deswegen fällt es mir schwer, das richtig einzuordnen. Vielleicht ist es die zweite deutsche Liga – in jedem Fall ist es ähnlich spannend, jeder kann jeden schlagen. Aber klar, die Liga hat noch kein europäisches Top-Niveau.
In Deutschland gibt es große Kritik an Katar. Wie beurteilen Sie die Situation vor Ort?
In gewisser Weise ist die Kritik berechtigt. Ich persönlich kann aber über das Land nichts Schlechtes sagen: Es ist sehr sicher und für uns als Familie ein guter Ort. In Deutschland sind wir immer ganz vorn dabei, mit dem Zeigefinger auf andere Länder zu zeigen. Ich habe da, glaube ich, eine etwas differenziertere Sichtweise durch meine Stationen in Frankreich oder Portugal, wo man das etwas anders beurteilt.
[–>Gibt es überhaupt noch ein sportliches Ziel, das Sie erreichen wollen?
Auf jeden Fall, das kriegt man als Sportler auch nicht aus dem Körper heraus. Die Ziele sind jetzt eher, dem Verein zu helfen und voranzugehen. Ob ich noch einmal die Champions League gewinne und noch einmal in die Nationalmannschaft komme, wage ich eher zu bezweifeln.
Verfolgen Sie die aktuellen Themen im deutschen Fußball?
Nach meinem Wechsel nach Katar war ich sehr weit weg davon. Ich habe damals bewusst erstmal mein eigenes Ding gemacht und musste mich an viele Sachen gewöhnen. Mittlerweile tut es gut, Berichte als Außenstehender zu lesen.
Wie bewerten Sie den Zustand des deutschen Fußballs?
Aktuell ist man noch nicht auf dem Niveau der 2012er- oder 2014er-Jahre. Das hat das Nations-League-Turnier gezeigt. Der letzte Schritt wurde bislang nicht gemacht, um wieder alte Dominanz auszustrahlen. Julian Nagelsmann ist aber ein super Trainer und das Potenzial in der Mannschaft ist da, um wieder nach ganz oben zu kommen.
Sie beschäftigen sich viel mit ihrer Zeit nach der Karriere, haben in über 10 Unternehmen investiert und eins selbst gegründet. Wann haben Sie die Entscheidung getroffen, als Unternehmer tätig zu werden?
Wahrscheinlich so mit 25. Ich war irgendwann müde von dem Alltag: Kabine, Training, immer die gleichen Themen. Deshalb habe ich angefangen, über den Tellerrand hinauszuschauen. Das macht mir großen Spaß.
Ex-Profi feiert ihn dafür: Mega Fair-Play-Aktion von Volland
Wie sieht Ihr Alltag mit den Unternehmen aus?
Es gibt mal Phasen, in denen mal mehr und mal weniger anliegt. Mein Hauptberuf ist aber immer noch das Fußballspielen. Bei den Investments liegt der Fokus auf dem Sport. Wenn ich da Türen öffnen, oder mit meiner Expertise meinen Beitrag leisten kann, ist das viel wert. Ich gebe nicht nur Geld rein, sondern bin aktiv dabei.
Neben den Investments studieren Sie Sportmanagement. In welcher Position wollen Sie später arbeiten?
Gute Frage. Ich mache das vorsorglich, um optimal auf die Zeit nach der Karriere vorbereitet zu sein. Aktuell bin ich noch hin- und hergerissen, tendiere aber eher zum Management. Den Fußball von der anderen Seite zu sehen, reizt mich sehr.
Haben Sie bereits einen Zeitplan im Kopf?
Nach der Karriere will ich erstmal etwas Abstand gewinnen. Im Fußball habe ich gelernt, dass sich der nächste Tag schwer planen lässt. Mal sehen, welche Möglichkeiten sich zu dem Zeitpunkt ergeben. Vor meinem Karriereende will ich daher unbedingt das Studium abgeschlossen haben, um vorbereitet zu sein. Mindestens drei Jahre habe ich noch Zeit.
This news was originally published on this post .
Be the first to leave a comment